Monatsspruch März 2017

Porträt Sonja AlbrechtPfarrerin Sonja Albrecht

Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen und die Alten ehren und sollst dich fürchten vor deinem Gott; ich bin der HERR.” (3. Mose 19,32)

Liebe Leserin, lieber Leser!

Es ist eine ganz alltägliche Szene, die einen doch immer wieder den Kopf schütteln lässt: es ist Berufsverkehr, die S-Bahn ist bis auf den letzten Platz besetzt. Da steigt eine alte Frau ein, sieht sich suchend um. Niemand bietet ihr einen Platz an. Nicht aus Bösartigkeit, sondern weil alle auf ihre Handys oder in ihre Zeitungen starren. Niemand sieht den suchenden Blick der alten Frau.

Der Respekt vor dem Alter könnte in unserer Gesellschaft ausgeprägter sein, um es vorsichtig zu formulieren. Das spürt man im großen Kontext, wo sozialpolitische Reformen dringend notwendig sind, um menschenwürdiges Leben im Alter zu ermöglichen. Aber man spürt es auch im ganz alltäglichen menschlichen Miteinander.

In diesem Zusammenhang wird manchmal auf „die Jugend“ geschimpft, die u.a. in besagten vollbesetzten S-Bahnen nicht mehr aufsteht. In diese Kerbe möchte ich jedoch nicht schlagen. Zum einen, weil ich sehr rücksichtsvolle und freundliche Jugendliche kenne, zum anderen aber auch, weil ich schon zu oft Zeugin von folgender, ebenfalls alltäglicher Szene war:

Es ist Berufsverkehr, die S-Bahn ist bis auf den letzten Platz besetzt. Eine Gruppe Jugendlicher steigt ein. „‘Tschuldigung“, nuscheln sie und schieben sich mit ihren schweren Schulrucksäcken in den vollen Waggon. Ein älterer Mann, der einen der kostbaren Sitzplätze ergattert hat, verdreht genervt die Augen.

Respekt ist keine Einbahnstraße, sondern erfordert ein Miteinander. Es ist wichtig, dass die Bedürfnisse von Alten und Jungen, dass ihr Blick auf diese Welt wahrgenommen wird. Daher haben wir in diesem Jahr eine besondere Predigtreihe: „Hier stehe ich! vier Gottesdienste – vier Generationen – vier Standpunkte.“ Ab dem 25. Juni werden vier Wochen lang verschiedene Generationen ihren Blick auf die Reformation und das Leben schildern.

Es ist wichtig, dass Alte und Junge sich begegnen. In unserer Gemeinde gibt es hier verschiedene Ansätze. Bereits seit einigen Jahren besuchen KonfirmandInnen im Rahmen eines Minipraktikums alte Menschen aus dem Mathildenhof, einem Seniorenheim. In diesem Jahr wollen wir diesen Kontakt noch intensivieren und arbeiten gemeinsam mit Nicole Herlitz an einem Konzept. Frau Herlitz bringt mit dem Projekt „GiG – Getragen im Alter“ viele interessante Impulse in unsere Gemeinde und unsere Region.

Persönliche Begegnungen helfen, Vorurteile abzubauen und Respekt voreinander wachsen zu lassen. Ein älterer Mensch, der sich einen Nachmittag lang mit einem 15-Jährigen unterhalten hat und viel über die langen Schultage und die zahlreichen Verpflichtungen gehört hat, die so viele Jugendliche heute haben, wird vielleicht nicht mehr mit den Augen rollen, wenn eine Gruppe Jugendlicher die S-Bahn betritt. Und ein Jugendlicher, der einen älteren Menschen die vielen mühsamen Stufen bis hoch zur S-Bahn begleitet hat, weil der Fahrstuhl mal wieder ausgefallen war, wird beim nächsten Mal vielleicht aufstehen, wenn ein „graues
Haupt“ den vollbesetzten Waggon betritt.

Der gegenseitige Respekt ist eine wichtige Grundlage unseres Zusammenlebens. Das Gebot, die Alten zu ehren, steht im 3. Buch Mose. Es ist eingebettet in eine Vielzahl ganz lebensnaher Regelungen für das tägliche Leben. Es geht dabei weniger um schlichte Benimmregeln, als vielmehr um das Fundament, auf dem wir stehen. Das sehen wir auch in dem Monatsspruch. Die Achtung vor dem Alter wird hier zusammengedacht mit der Achtung vor Gott. Wer Gott achtet, der verhält sich auch entsprechend respektvoll gegenüber jenen, die schutzbedürftig sind. Dazu gehört, Rücksicht zu nehmen auf die Bedürfnisse älterer Menschen und ihre Lebenserfahrung nicht gering zu achten.

Die Regeln, die im dritten Buch Mose zusammengestellt sind, sollen den Menschen dabei helfen, ihr Leben verantwortungsbewusst zu gestalten. Und so zu leben, wie es für uns, unsere Mitmenschen und die Welt, in der wir leben, gut ist.

Am 1. März beginnt die Passionszeit. Für viele Menschen sind diese sieben Wochen bis zum Ostersonntag ein guter Anlass, einmal auf das eigene Leben und den eigenen Glauben zu schauen. Sie wollen diese besondere Zeit im Kirchenjahr bewusst wahrnehmen und gestalten. Hierfür gibt es mehrere gute Angebote. Über die ökumenische Fastenaktion „Augenblick mal – 7 Wochen ohne sofort“ sowie über die Passionsandachten im Kirchenkreis können Sie sich in diesem Heft informieren. Weitere, ganz praktische, Anregungen liefert die Fastenaktion für Klimaschutz & Klimagerechtigkeit „So viel Du brauchst“. Unsere Landeskirche gibt mit dieser Aktion konkrete Hinweise, wie Sie anders einkaufen, anders unterwegs sein, anders Energie verbrauchen können, um so einen Beitrag zur Verkleinerung Ihres ökologischen Fußabdrucks und zur Bewahrung der Schöpfung zu leisten. Weitere Informationen und Materialien finden Sie unter www.ekbo.de/klimafasten.

Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Passionszeit! Mögen Sie in diesen Wochen ein „Zipfelchen Zeit“ in der Tasche haben, wie Rose Ausländer einst gedichtet hat. Zeit, um die alten Geschichten neu zu hören. Zeit, um auf das eigene Leben zu schauen. Zeit für neue Impulse. Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Und wenn Sie das nächste Mal S-Bahn fahren: ehren Sie die grauen Häupter und seien Sie geduldig mit der Jugend – sie ist es wert.

Ihre Sonja Albrecht

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