Monatsspruch Juli 2019

Vikarin Elisabeth SchulzeVikarin Elisabeth Schulze

Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn. (Jakobus 1,19)

Ein Stuhl lädt ein. Ein Stuhl lädt mich zum Hinsetzen, zum Verweilen ein. Ein Stuhl lädt mich zur Langsamkeit ein. Ein Stuhl mit seinen Ecken und Kanten besteht aus rechten Winkeln, klaren Formen, Senkrechten und Waagerechten. Aber er hat auch Beine und Arme, hat einen Rücken und manchmal sogar Ohren. Damit wird der Stuhl zur Krücke, zur Stütze für den Menschen.

Auf ihm sitzend, kann einiges passieren: Kinder werden gestillt und in den Schlaf gewiegt, Menschen lernen sich kennen, kommen zur Ruhe, warten, singen, träumen und erzählen.

Stuhl mit Lektionar

Ein Stuhl lädt ein. Dieser Stuhl, den Sie hier sehen, lädt mich zum Hören ein. Auf ihm liegt unser Lektionar, aus dem wir jeden Sonntag im Gottesdienst einen Text aus der Bibel lesen und hören. Ich stelle mir vor, wie sich jemand neben mich setzt, dieses dicke Buch in die Hand nimmt und mir aus dem Brief des Jakobus vorliest:

„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“

Ich stelle mir vor, wie wir da sitzen und ich erst einmal gar nichts sagen muss, sondern nur zuhören darf. Ich höre die Zeilen und schweige, denke nach, lasse die Worte in mir nachklingen. Mir werden die Worte aus dem Jakobusbrief noch einmal vorgelesen. Ich merke, wie ich anfange, meinen Gedanken zuzuhören. „Schnell zum Hören, langsam zum Reden“… Meine Gedanken schweifen ab, weit ab.

Mir kommt Hiob in den Sinn. Seine Geschichte aus dem Alten Testament taucht auf einmal in meinen Kopf auf. Hiobs Freunde besuchen ihn, setzen sich zu ihm und sind sehr schnell im Hinsetzen und Zuhören. Eine Woche lang tun sie das. Sie setzen sich sieben Tage zu ihm und sagen nichts, hören hinein in das Schweigen, in Hiobs Schweigen und in ihr Schweigen. Dann kann Hiob anfangen zu erzählen. Erst nach dieser langen Zeit des „In-sich-hinein-Horchens“ durchbricht er seine Sprachlosigkeit und findet Worte, ganz langsam, für all das Schreckliche, was er erleiden musste. Er bringt seine Traurigkeit, seine Verletzungen, sein Unverständnis in Worte. Bestimmt weint er auch oder schreit und ist wütend. Wütend auf Gott, der nichts gegen diese Ungerechtigkeit unternimmt.

Wenn einer meiner Freunde da sitzen würde, ich wollte seine Traurigkeit wegzaubern, ihn ganz schnell aufmuntern und sagen: „Alles wird wieder gut!“. Ich würde ihm Möglichkeiten aufzählen, warum alles gar nicht so schlimm ist, Erklärungen finden und und und. Es ist schwer, einfach nur da zu sitzen und die Traurigkeit auszuhalten. Ich will ja gar nicht zulassen, dass es einem, der neben mir sitzt, schlecht geht.

„Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“

Ich sitze und höre. Bekomme eine Ahnung davon, wie gut es tun kann, einfach in der Traurigkeit, im Zorn oder auch in überglücklichen Momenten dabei zu sein. Dicht daneben zu sitzen. Und die Traurigkeit bei der Traurigkeit, den Zorn beim Zorn zu lassen, wie ich auch das Glücklichsein einfach geschehen lasse. Ich bekomme eine Ahnung davon, welches Geschenk wir im Zuhören haben. Denn Hören heißt, ausreden lassen, Erfahrungen und Erlebnisse verarbeiten. Denn Hören, das ist Vertrauen, Aufmerksamkeit, Zeit.

Dieses Hören, an das ich denke, bewirkt: Ich muss mich nicht zusammenreißen, mich nicht beherrschen. Plötzlich mischt sich unter meine Gedanken eine Melodie oder summt sie schon die ganze Zeit die Person neben mir? Inzwischen spüre ich auch wieder den Stuhl unter mir, die Holzlehne an meinem Rücken und nehme meinen Nachbarn wahr. Uns fällt zu der Melodie, die wir im Ohr haben, auch der Text wieder ein. Mit diesem Lied wünsche ich Ihnen einen Sommer voller hörender Momente und Stühle zum Verweilen.

Ihre Elisabeth Schulze

Ich öffne die Tür weit am Abend
häng noch die Laterne hinaus.
Die Traurigen solln mich heut finden
aufatmen, als wärn sie zuhaus.
Der Tisch wird geschmückt sein mit Blüten
Hab Wein und hab Wasser genug.
Die Sehnsucht trinkt mit unserm Bruder,
dem Schmerz, wieder aus einem Krug.
Ein offenes Ohr findet jeder,
kein Stuhl und kein Hocker bleibt frei.
Vielleicht unter denen, die zuhörn,
sitzt unerkannt Christus dabei.

(Gerhard Schöne)

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