Monatsspruch August 2017

Porträt Sonja AlbrechtPfarrerin Sonja Albrecht

„Gottes Hilfe habe ich erfahren bis zum heutigen Tag und stehe nun hier und bin sein Zeuge bei Klein und Groß.” (Apostelgeschichte 26,22)

Eines der vielen Dinge, die ich an unserer Gemeinde so schätze, ist, dass sich hier Menschen aus allen Generationen begegnen. Die Familienkirche mit ihrer herrlich lebhaften Liturgie etwa besuchen nicht nur viele Familien. Auch manche Ältere kommen bewusst zu diesem Gottesdienst, weil sie die fröhliche Atmosphäre dort schätzen. Und ich denke auch an unsere Gottesdienstreihe „Hier stehe ich!“, bei der vier Generationen in vier aufeinander folgenden Gottesdiensten jeweils ihren Standpunkt und ihren Blick auf die Reformation darstellen. Bei der Drucklegung des Gemeindebriefes stand der erste der Gottesdienste gerade bevor. Ihm werden im Juli Gottesdienste der mittleren Generation, ein Jugendgottesdienst, sowie ein Gottesdienst, der Kinder und Familien in den Mittelpunkt stellt, folgen.

Nun hat Paulus vermutlich nicht das Alter seiner Zuhörer im Blick, wenn er im Monatsspruch für den August von „Großen“ und „Kleinen“ spricht. Vielmehr wird er an ihre gesellschaftliche Stellung gedacht haben, denn dieser Vers steht im Rahmen seiner Anhörung, bei der eben auch „Große“ wie der von Rom eingesetzte König Herodes Agrippa II. anwesend waren. Paulus war zuvor verhaftet worden. Gegenüber mehreren Instanzen verteidigte er nun in einem mehrtägigen Prozess seinen Glauben an Christus. Er begründet seinen Glauben damit, dass er Gottes Eingreifen und seine Hilfe in seinem Leben erfahren habe. Deswegen sei er nun Gottes Zeuge. Dass Gott Zeugen brauchen könnte, also Menschen, die ihn verteidigen, ist ein ungewöhnlicher Gedanke. In der Taufliturgie gibt es einen Satz, den ich häufig verwende. Unmittelbar nach der Taufe heiße ich den Täufling in unserer Gemeinde willkommen und sage: „XY ist nun ein Glied am Leibe Christi und gehört damit zu seiner Kirche. Mit uns ist er berufen zum Zeugen des Evangeliums in der Welt.“ Dieser Satz mag auf den ersten Blick etwas sperrig klingen, aber er ist mir wichtig: denn jedes Kind, jeder Jugendlicher, jeder Erwachsene, den wir taufen, kann und soll die gute Nachricht bezeugen.

Uns, die wir in Deutschland leben, wird das Eintreten für unseren Glauben und unsere Überzeugungen nicht vor Gericht bringen wie einst Paulus oder verfolgte Christinnen und Christen in anderen Ländern. Wir können frei für das eintreten, woran wir glauben. Genau das fällt uns allerdings oft sehr schwer. Wenn es darum geht, über das zu reden, woran wir glauben, dann werden viele von uns sehr zurückhaltend. Sei es, weil sie ihren Glauben für ihre Privatsache halten, sei es, weil die Überwindung zu groß ist. Es ist ja auch kein Wunder: viel zu lange haben wir in unseren Kirchen und Gemeinden den Pfarrern das Feld überlassen, wenn es um Dinge des Glaubens ging. Gemeinden wurden entmündigt und müssen sich diese Mündigkeit, die sich eben auch in einer Sprachfähigkeit, was Glaubensdinge angeht, ausdrückt, erst wieder zurückerobern. Gerade in diesem Reformationsjahr sollten wir jedoch nicht müde werden, genau das zu tun. Denn unsere evangelische Kirche baut auf der Grundüberzeugung des „Priestertums aller Gläubigen“ auf. Nicht einige wenige – Pfarrer und Pfarrerinnen etwa – sind dazu bestimmt, den Glauben weiterzuvermitteln, sondern wir alle! Denn Gott braucht Zeuginnen und Zeugen. Ob mit Gerichtsverhandlung oder ohne – es braucht Menschen, die die Botschaft von Gottes Freundlichkeit in diese Welt tragen. Es braucht Menschen, die von seiner Gerechtigkeit erzählen und davon, dass er den Tod überwunden hat. Und es braucht auch Menschen, die diese Botschaft verteidigen gegen alle, die sie für irrelevant erklären oder ins rein Private verbannen wollen.

Nun sind Appelle eine schwierige Sache. Schnell klingen sie nach erhobenem Zeigefinger und das würde völlig an dem vorbeigehen, worum es mir geht. Ich wünsche mir, dass wir alle uns gegenseitig immer wieder Mut machen, Zeuge zu sein vor Großen und Kleinen. Am besten gelingt das, wenn wir dazu die Sprache und die Form finden, die für jeden von uns angemessen ist. In evangelikalen Gemeinden habe ich erlebt, wie Menschen im Gottesdienst nach vorne traten, um „Zeugnis abzulegen“. Vor der gesamten Gemeinde kehrten sie ihr Innerstes nach außen. Das ist nicht jedermanns Sache. Gottes Zeugin oder Gottes Zeuge zu sein, kann jedoch viele Formen haben. Es kann bedeuten, sich für Gerechtigkeit und Frieden einzusetzen. Es kann bedeuten, lautstark und medienwirksam einzuschreiten, wenn Religion, Kirche und Glaube in unserer Gesellschaft immer stärker an den Rand gedrängt werden. Es kann auch bedeuten, im Familienkreis oder unter Kollegen überhaupt erst einmal darüber zu sprechen, woran wir überhaupt glauben. Ein erster Schritt ist vielleicht, einmal auf das eigene Leben zu schauen. Wie wichtig ist mir eigentlich mein Glauben? Bin ich bereit, ihn zu verteidigen? Welchen Einfluss hat er auf mein Leben? Welche Rolle spielt Gott für mich? Ist er ein lebendiges Gegenüber, ohne den mir etwas Bedeutendes fehlen würde?

Vielleicht ist der Sommer eine gute Zeit dafür, einmal über Fragen nachzudenken, für die im Alltag oft keine Zeit ist. Schicken Sie Ihr Herz und Ihre Gedanken auf Wanderschaft!

Ich wünsche Ihnen allen einen gesegneten Sommer!

Sonja Albrecht

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